Anfang des Jahres erschien der Aufruf „Sozial statt Groko-Politik“. Er nimmt eine kritische Bewertung des Koalitionsvertrages vor und spricht sich für selbstbewusste, parteiunabhängige Gewerkschaften aus. „Statt den Koalitionsvertrag zu bejubeln, müssen Gewerkschaften ihre inhaltlichen Anforderungen an die Koalition und die Regierung bekräftigen und diese durch öffentlichkeitswirksame Aktionen untermauern“, heißt es. 1.400 Kollegen haben inzwischen unterzeichnet, unter ihnen Mitglieder der LINKEN, Sozialdemokraten und Kollegen gänzlich ohne Parteibuch. Er kann als Beitrag zur innergewerkschaftlichen Debatte um politische Orientierung verstanden werden. Im Kern geht es dabei um eine Ausrichtung der Gewerkschaften jenseits von Sozialpartnerschaft und Klassenkompromiss.
Die Diskussion ist keine neue. Sie reicht in die Anfänge der Arbeiterbewegung zurück und ist eng verknüpft mit der Frage nach dem politischen Mandat: Sollen sich Gewerkschaften auf ökonomische Kämpfe beschränken und die politischen Kämpfe aus Gründen der Neutralität an eine Partei übertragen? Rosa Luxemburg sah darin bestenfalls einen „Schein von Neutralität“ und fürchtete eine Schwächung: Ökonomische Kämpfe ohne politischen Adressaten drohen zu zersplittern und politische Kämpfe ohne betriebliche Verankerung beschränken sich auf eine repräsentative Ebene. Ökonomische und politische Fragen waren für sie daher nicht voneinander zu trennen. Ganzen Beitrag lesen »