Gegen Altersarmut und für einen sicheren Ruhestand

23. März 2018  BLOG

Seit den 2000er Jahren haben CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne den Sinkflug des Rentenniveaus eingeleitet und die Rente erst ab 67 eingeführt. Seitdem dürfen auch Schwerbehinderte nicht mehr ab 60, sondern erst ab 65 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen. Die abschlagsfreien Übergänge von Frauen oder Erwerbslosen wurden abgeschafft. Für alle, die es nicht bis 67 schaffen, bedeutet das nichts anderes als eine drastische Rentenkürzung. Das sind keine Einzelschicksale: Die Arbeitslosenquote bei den 60- bis 64-Jährigen liegt bei 7,5 Prozent gegenüber 6,4 Prozent bei allen Beschäftigten. Der Sockel der älteren Erwerbslosen ist von 42.000 im Jahr 2007 auf 229.000 im Jahr 2015 angewachsen. Die Hälfte davon ist langzeiterwerbslos. Ein langes und hartes Arbeitsleben endet oft auf den letzten Metern mit Hartz IV und all seinen Schikanen.

Auch eine andere traurige Zahl darf nicht verschwiegen werden. Sie zeigt, wie ungerecht die Rente erst ab 67 ist: Im Jahr 2015 starb jeder vierte Mann und jede achte Frau vor dem 67. Geburtstag. Wenn 2031 die Rente ab 67 voll wirkt, werden einige sie also gar nicht mehr erleben. Außerdem wissen wir aus einer Untersuchung des Robert-Koch-Instituts sehr genau, dass Männer, die im Alter über weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verfügen, im Durchschnitt mit 70 Jahren sterben und jene, deren Einkommen das 1,5 fache des Durchschnitts und mehr beträgt, fast elf Jahre länger leben. Durch diese Politik hat sich seit 2003 die Zahl derer, die im Alter auf Sozialhilfe angewiesen sind, verdoppelt und liegt heute bei über einer halben Million. Die Ärmsten der Armen müssen im Alter von im Durchschnitt 803 Euro Grundsicherung leben. Nach der offiziell gültigen EU-Armutsgrenze von 1.033 Euro sind heute 1,1 Mio. Männer und 1,6 Mio. Frauen von Altersarmut betroffen. Tendenz: langfristig steigend.

Wer den gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro bezieht, müsste für eine Nettorente in Höhe der Grundsicherung mehr als 60 Jahre lang arbeiten. Das zeigt deutlich: Wir kommen an einer Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns und des Rentenniveaus nicht vorbei, wenn Arbeit nicht am Ende aufs Sozialamt führen soll. Der gesetzliche Mindestlohn muss heute schon mindestens 12 Euro betragen, wenn man nach 45 Jahren eine Rente oberhalb der Sozialhilfe erhalten will. Darüber hinaus verliert durch die Absenkung des Rentenniveaus die Rente aller Beschäftigten insgesamt an Wert, egal ob sie im Handel, der Pflege oder in der Industrie tätig sind.

DIE LINKE muss aber auch den Menschen eine Antwort geben, die auf ein beschwerliches und gebrochenes Arbeitsleben zurückschauen. Deshalb wollen wir die Streichung der systemwidrigen Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente, die Wiedereinführung von Rentenbeiträgen für Langzeiterwerbslose auf Basis eines halben Durchschnittsverdienstes sowie eine »Rente nach Mindestentgeltpunkten«, die geringe Verdienste in der Rentenberechnung deutlich aufwertet. All diese wichtigen Leistungsverbesserungen verlieren aber Jahr für Jahr an Wert, wenn wir das Rentenniveau nicht wieder auf lebensstandardsichernde 53 Prozent anheben! Das ist und bleibt die zentrale Forderung der LINKEN, von Sozialverbänden und Gewerkschaften im Wahlkampf. Wie wichtig dabei eine starke LINKE in den Parlamenten, aber auch innerhalb der Gewerkschaften ist, zeigen Versuche der SPD-Sozialministerin Nahles, sich mit einer bloßen Stabilisierung des Rentenniveaus rauszureden und damit die Kürzungen seit dem Jahr 2000 in Stein zu meißeln. DIE LINKE wird sich auf dieses falsche Spiel nicht einlassen und auch Gewerkschaften sollten dies nicht tun!

von Matthias W. Birkwald, Rentenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

Erschienen in: Mai-Ausgabe 2017

Ausführlich zum Rentenkonzept von DIE LINKE