Fleischindustrie: Großteil in Leiharbeit oder mit Werkvertrag

07. November 2020  AUS DEM BUNDESTAG, KLEINE ANFRAGEN

Etwa sieben von zehn Beschäftigten in der Fleischindustrie arbeiten als Leiharbeitnehmer oder Werkvertragsbeschäftigte: Der Anteil der Leiharbeiternehmer/innen in der Fleischindustrie lag nach  Selbstauskunft der Unternehmen, die die „Selbstverpflichtung für attraktivere Arbeitsbedingungen“ unterzeichnet haben, in den letzten Jahren zwischen fünf und zehn Prozent (Mittelwert 7,5 Prozent).

Werkvertragsunternehmen in der Fleischindustrie stellen rechnerisch 63 Prozent der Beschäftigten und machen ein Drittel aller Unternehmen in der Branche aus. Während die Bundesregierung eine Erhebung spezifischer Werkvertragsformen für einzelne Branchen oder Wirtschaftszweige 2019 aus wirtschaftlichen Gründen für nicht sinnvoll hielt und angab keine Erkenntnisse vorliegen zu haben, verweist sie nun 2020 auf Zahlen über Werkvertragskonstellationen durch die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN).

Beschäftigte in der Fleischindustrie haben 2019 durchschnittlich über ein Drittel weniger (-36 Prozent) verdient, gegenüber dem Medianeinkommen in der Gesamtwirtschaft. Männer in der Fleischindustrie verdienen durchschnittlich 34 Prozent weniger als in der Gesamtwirtschaft, Frauen 38 Prozent weniger. Die Einkommen in der Fleischindustrie sind von 2008 auf 2019 weniger stark gestiegen als in der Gesamtwirtschaft (+ 24 Prozent zu 28 Prozent). Während die Einkommen der Frauen in der Branche mit 34 Prozent annähernd so stark gewachsen sind wie in der Gesamtwirtschaft (+39 Prozent), sind die Einkommen der Männer lediglich um 14 Prozent angestiegen.

Die Zahl der Beschäftigten in der Fleischindustrie steigt kontinuierlich an. In der Gesamtbranche ist die Zahl der Beschäftigten von 2008 bis 2019 um 4 Prozent angestiegen. Im Teilbereich der Schlachthöfe lag der Anstieg bei etwa einem Fünftel, während er im Teilbereich Fleischverarbeitung annähernd konstant blieb. Dagegen ist die Anzahl der Auszubildenden im selben Zeitraum um knapp 60 Prozent zurückgegangen.

Bis 2019 lagen der Bundesregierung keine Erkenntnisse über die Wohnsituation der Beschäftigten vor außer der Selbstverpflichtung der Fleischindustrie. Branchenspezifische Auswertungen für die Fleischbranche aus den Ländern liegen der Bundesregierung nur für Nordrhein-Westfalen in Form eines Berichtes des dortigen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 7. Juli 2020 an den NRW-Landtag vor. Weiterhin hat die Bundesregierung keine eigenen Ergebnisse, da nach ihrer Aussage die Wohnaufsicht in die Zuständigkeit der Länder fällt.

Dazu Jutta Krellmann, Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung in der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

Schluss mit der Überausbeutung in der Fleischbranche. Arbeit zu Dumpingbedingungen macht krank. Werkverträge und Leiharbeit, beides gehört verboten. Wird nur ein Dumpingmodell untersagt, weichen die Arbeitgeber auf ein anderes aus. Diesen Teufelskreis gilt es ein für alle Mal zu durchbrechen Das Arbeitsschutzkontrollgesetz der Bundesregierung muss so schnell wie möglich beschlossen werden. Es geht in die richtige Richtung. Dieses Schutzgesetz ist auch deshalb notwendig, um die Beschäftigten in den Fleischfabriken vor der anrollenden Corona-Welle zu schützen. Unfassbar, dass es von der Wirtschafts-Lobby aufgehalten wurde. Da fehlt jegliches Unrechtsbewusstsein. Es darf nicht sein, dass schon wieder die Profite der Fleischkonzerne über die Gesundheit der Beschäftigten gestellt werden. Die Fraktion DIE LINKE muss gemeinsam mit Gewerkschaften, Parteien und anderen gesellschaftlichen Kräften diese Blockade  durchbrechen.

Eine Zusammenfassung der einzelnen Ergebnisse aus der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage von Jutta Krellmann findet ihr hier zum Anklicken oder als Download: